Revision der europäischen Gattungen und Arten der Familie Brachychthoniidae (Acari, Oribatei) Teil 1. Allgemeiner Teil: Brachychthoniidae Thor, 1934. Spezieller Teil: Liochthonius v. d. Hammen, 1959, Verachthonius nov. gen. und Paraliochthonius nov. gen.
Author
Moritz, M.
text
Mitteilungen aus dem Zoologischen Museum in Berlin
1976
52
27
136
http://unknown
journal article
ORI10013
Liochthonius evansi
(Forsslund, 1958) (Abb. 28)
Brachychthonius horridus
: Evans 1952, p. 279, Fig. 1.
Brachychthonius evansi Forsslund
, 1958: p. 80, Abb. 8 und 9.
Brachychthonius evansi
: Sellnick 1960, p. 82.
Liochthonius evansi
: Mahunka 1969, p. 23, Abb. 1 und 2.
Liochthonius forsslundi Mahunka
, 1969, p. 23, Abb. 3 bis 5,
nov. syn.
Liochthonius evansi
: Niedbala 1972a, p. 33, Fig. 1.
Liochthonius forsslundi
: Niedbala 1972b, p. 183, Abb. 1.
Liochthonius evansi
: Niedbala 1974, p. 491, Abb. 37.
Liochthonius forsslundi
: Niedbala 1974, p. 492, Abb. 38.
Liochthonius forsslundi levis Chinone
, 1974: p. 19, Fig. 59 bis 63,
nov. syn.
Eine
Ueberpruefung
des Holotypus von
Liochthonius forsslundi Mahunka
hat ergeben,
dass
sich dieses Tier von
laengerborstigen
Exemplaren der weitverbreiteten Art
Liochthonius evansi (Forsslund)
im wesentlichen nur durch die etwas
staerker
gefalteten
Velumraender
der Dorsalborsten unterscheidet. In den Populationen von
L. evansi
koennen
sowohl Tiere mit
laengeren
und dann auch
staerker
verbreiterten Dorsalborsten neben solchen mit
schwaecher
entwickelten Borsten auftreten. Bei starker Velumbildung ist der Borstenrand
haeufig
leicht
schraeggefaltet
, so
dass
der Eindruck eines gezackten Velumrandes entsteht. Lediglich die Interlamellarhaare zeigen gelegentlich eine echte Randzackung. Auch scheinen die
Borstenlaengen
bei
L. evansi
von Norden nach
Sueden
an
Laenge
zuzunehmen (Schweden, Dalarna im Durchschnitt 32,1
ym
, DDR, Berlin-Buch 35,4
ym
). - Auch Sensilluskeulen mit stark ausgezogener distaler Ventralspitze, wie sie
fuer
L. forsslundi
typisch sein soll, kommen neben normalspitzen Sensilluskeulen vor.
Koerpergroesse
,
Borstenlaenge
und -stellung sowie Anordnung der interbothridialen Maculae beider Arten sind gleich, so
dass
das graduelle Merkmal "mehr oder weniger mit Spitzen versehene
Borstenraender
"
nicht ausreicht, um einen Artstatus aufrecht zu erhalten.
Liochthonius forsslundi Mahunka
wird daher als
juengeres
Synonym zu
Liochthonius evansi (Forsslund)
gestellt. Die Unterart
levis Chinone
zeigt keine wesentlichen Unterschiede zu
L. evansi (Forsslund)
.
Material:
NRSt
: 1 Ad.,
Lectotypus
, Coll. Forsslund Mf 599, mikroskop.
Praeparat
(sub
Brachychthonius evansi Forsslund
),
Schweden
,
Dalarna
,
Aelvdalen
,
Mossiberg
,
K.-H. Forsslund
leg.
29. 6. 1954
.
-
NRSt
: 1 Ad.,
Paralectotypus
, Coll. Forsslund Mf 599, mikroskop.
Praeparat
(sub
Brachychthonius evansi Forsslund
),
Fundort wie Lectotypus
.
-
NRSt
: 1 Ad.,
Paralectotypus
, Coll. Forsslund Mf 526F, mikroskop.
Praeparat
,
Schweden
,
Vaesterbotten
,
Kulbaecksliden
,
K.-H. Forsslund
leg.
10. 6. 1951
.
-
NRSt
: 4 Ad.,
Paralectotypen
, Coll. Forsslund, 2 mikroskop.
Praeparate
(sub
Brachychthonius evansi Forsslund
),
Schweden
,
Vaesterbotten
,
Kulbaecksliden
,
K.-H. Forsslund
leg.
1950
.
-
NRSt
: 4 Ad.,
Paralectotypen
, Coll. Forsslund, (sub
Brachychthonius evansi Forsslund
),
Schweden
,
Kulbaecksliden
,
K.-H. Forsslund
leg.
1950
.
-
NRSt
: 14 Ad., Coll. Forsslund, (sub
Brachychthonius horridus
),
Schweden
,
Kulbaecksliden
.
-
NRSt
: 23 Ad., Coll. Forsslund,
Schweden
,
Kulbaecksliden
,
K.-H. Forsslund
leg.
1951
.
-
NRSt
: 3 Ad., Coll. Forsslund,
Schweden
,
Kulbaecksliden
,
K.-H. Forsslund
leg.
1956
.
-
NRSt
: 1 Ad., Coll. Forsslund,
Schweden
,
Kulbaecksliden
,
K.-H. Forsslund
leg.
1961
.
BML
: 1 Ad.,
Paralectotypus
, Coll. Evans, mikroskop.
Praeparat
(sub
Brachychthonius horridus spp. brevis
=
Brachychthonius evansi Forsslund
, det.
25. 2. 1958
, Nr. 1),
England
,
Woburn
, Beech litter,
G. O. Evans
leg.
14. 4. 1950
.
IBP
: 1 Ad., Coll.
Niedbala
(sub
L. forsslundi Mahunka
),
Polen
.
UNMB
: Nr.
0-166-68E
: 1 Ad., (sub
Liochthonius forsslundi Mahunka
,
Holotypus
), Coll. Forsslund,
Schweden
,
Vaesterbotten
,
Kulbaecksliden
,
K.-H. Forsslund
leg.
1956
et ded.
ZMB
Nr.
433/B17
: 2 Ad.,
DDR
, Greifswald,
Kieshofer Moor
, Fichtenstubben,
M. Moritz
leg.
16. 3. 1958
.
-
ZMB
Nr.
433/B251
: 5 Ad.,
DDR
,
Berlin-Buch
, Buchen-Stieleichen-Altbestand, Streuauflage,
M. Moritz
leg.
1. 11. 1970
.
-
ZMB
Nr.
433/B283
: 1 Ad.,
DDR
,
Naturschutzgebiet
Darss
,
W. Karg
leg.
1966
.
-
ZMB
Nr.
433/B284
: 3 Ad.,
DDR
,
Harz
,
Hohnekamm
,
ca. 800 m
, Nadelstreu, Moos und Humus,
W. Karg
leg.
Mai 1966
.
Lectotypus
, Locus typicus: Forsslund (1958) gibt in seiner Originalbeschreibung zahlreiche Fundorte
fuer
L. evansi
an, macht aber leider keine Angaben
ueber
den Umfang der Typusserie. Alle Tiere, die sich daher auf die Fundortangaben Forsslunds beziehen lassen,
gehoeren
zur Typusserie. Nicht immer ist die Zuordnung der aus der Coll. Forsslund vorliegenden Exemplare zur Typusserie
moeglich
gewesen, da Forsslunds Beschriftung der Objekte zum Teil sehr
spaerlich
gehalten ist. - Unter den mikroskopischen
Praeparaten
befindet sich nun eines mit der Nr. Mf 599, das ein Exemplar
enthaelt
, das in seiner Lage und Form genau der Zeichnung Forsslunds entspricht (Seite 79, Abb. 8). Da kein Typus festgelegt ist, wird dieses Exemplar in
Uebereinstimmung
mit der Abb. 8 in Forsslund 1958, p. 79 als
Lectotypus
bestimmt.
Der Locus typicus ist Schweden, Dalarna,
Aelvdalen
, Mossiberg, Rohhumus in einer Zwergstrauch-Flechtenheide mit lichten Kiefern, K.-H. Forsslund leg.
29. 6. 1954
.
Beschreibung: Die
Koerperfarbe
ist goldgelb. Die interbothridialen Maculae sind deutlich. Die langen Dorsalborsten sind durch sehr breite und fast glattrandige Randvela weidenblattartig erweitert. Die Sensilluskeule ist gegabelt.
Das Prodorsum ist schmal,
laenger
als breit und vor den Exobothridialhaaren
staerker
verjuengt
. Das Rostrum ist in der Aufsicht schmal gerundet. Die Prodorsumborsten haben im Durchschnitt eine
Laenge
von 16 bis 25
ym
. Sie sind durch seitlich
schraeg
aufgestellte breite Randvela lanzettlich beziehungsweise
weidenblattaehnlich
erweitert, so
dass
wie bei den Arten der lapponicus-Gruppe in der Mitte eine Rinne entsteht. Die Randvela der Interlamellarhaare sind bei
kraeftigeren
Tieren mit feinen Zacken besetzt. Die Interlamellarhaare stehen sehr weit auseinander und sind mit durchschnittlich 20
ym
weiter voneinander entfernt als die Lamellarhaare. Die Spitzen der Lamellar- und Interlamellarhaare sind
ueber
Kreuz aufeinandergerichtet. Die prokurven Interlamellarhaare sind deutlich mediad gerichtet,
waehrend
sie bei den anderen Arten der Gruppe nach
aussen
weisen.
Abb
. 28.
Liochthonius evansi (Forsslund)
, ZMB 433/B17. Dorsalansicht.
Der Sensillus setzt sich aus einem
duennen
Stiel und einer sehr viel
kuerzeren
Keule zusammen. Die Keule ist vom lapponicus-Typ. Sie ist distal eingekerbt, indem sie ventral in eine
staerkere
Spitze
auslaeuft
und dorsal die distalen Stachelspitzen gleichweit vorstehen. Die ventrale Spitze kann gelegentlich etwas
staerker
ausgezogen sein, so
dass
die Keule leicht asymmetrisch wird. Die Keule ist in sich leicht ventrad gebogen, so
dass
die Oberseite konvex, die Unterseite konkav ist. Auf der Oberseite befinden sich 2 bis 3 Reihen kurzer spitzer Stachelborsten, auf den
Lateralflaechen
eine Reihe weniger Stachelborsten. Ventral ist die Keule kahl.
Die runden interbothridialen Maculae der vorderen 3 Paare sind alle entsprechend dem weiten Abstand der Interlamellarhaare um ihren Durchmesser oder mehr voneinander entfernt.
Tabelle
23:
Liochthonius evansi
(Forsslund, 1958)
EmTaCe |
Durchschnitt |
Min.-Max. |
Lectotypus |
Gesamtlaenge
|
164,7 |
155,0 - 182,5 |
162,5 |
Laenge
Prodorsum
|
67,2 |
62,5 - 75,0 |
- |
Laenge
Na
|
42,2 |
40,0 - 45,0 |
40,0 |
Breite Prodorsum |
62,5 |
56,2 - 65,0 |
65,0 |
Breite Na |
92,1 |
82,5 - 103,7 |
95,0 |
Sensilluslaenge
|
34,1 |
32,5 - 37,5 |
32,5 |
Keulenlaenge
|
14,1 |
12,8 - 16,2 |
12,8 |
Abstand ro |
12,0 |
11,2 - 12,5 |
11,2 |
Abstand la |
19,2 |
18,0 - 20,0 |
19,5 |
Abstand ila |
22,9 |
20,0 - 23,0 |
23,0 |
Abstand c1 |
32,0 |
30,0 - 33,0 |
32,0 |
Abstand e1 |
29,3 |
26,2 - 32,5 |
29,5 |
Laenge
ro
|
18,1 |
20,0 - 22,5 |
21,2 |
Laenge
la
|
22,8 |
21,2 - 25,0 |
- |
Laenge
ila
|
17,6 |
16,2 - 18,7 |
17,5 |
Laenge
c1
|
26,3 |
25,0 - 29,0 |
25,0 |
Laenge
e1
|
31,4 |
30,0 - 36,5 |
32,0 |
Abstand la: ro |
1,60 |
EmTaCe |
1,74 |
Abstand ila: la |
1,14 |
EmTaCe |
1,18 |
Laenge
e1: Na
|
0,74 |
EmTaCe |
0,80 |
Laenge
Na: Abstand la
|
2,2 |
EmTaCe |
2,05 |
Laenge
Na: Abstand c1
|
1,32 |
EmTaCe |
1,25 |
Die
Exobothridialhoecker
sind klein und reduziert. Die Exobothridialhaare sitzen auf kleinen
Hoeckern
.
Das Opisthosoma ist vom Prosoma durch Schulterbildung gut abgesetzt. Seine
groesste
Breite liegt im Bereich hinter den c3- Borsten. Alle Notogasterborsten sind lang und wie die Prodorsumborsten mit breiten Randvela versehen. Die
Borstenraender
sind im allgemeinen glatt. Die e1- Borsten neigen aber besonders zur Randspitzenbildung am Borstenende. Diese kann aber auch gelegentlich durch eine Faltung der Randvela
vorgetaeuscht
werden. Evans (1952, Fig. 1) und auch Forsslund (1958, Abb. 8) zeichnen die Dorsalborsten etwas zu kurz und auch zu schmal. Eine Inspektion der betreffenden
Praeparate
zeigt aber sehr deutlich,
dass
die Randvela viel breiter sind und nur im
Dauerpraeparat
durch ihre Transparenz schwerer erkennbar sind. Deutlich ist eine Mittelrippe der Borsten zu erkennen. Die Borsten sind nicht hohl. - Die Borsten der e-, f- und h-Reihe sind
laenger
,
kraeftiger
und auch
staerker
gegen den
Koerper
gebogen als die c- und d-Borsten. Die c1- Borsten erreichen gerade den Ansatzpunkt der d1- Borsten. Die
kraeftigen
, im Durchschnitt 25 bis 29
ym
langen e1- Borsten
ueberragen
um mehr als die
Haelfte
ihrer
Laenge
den Hinterrand ihres Notogasterschildes. Alle Notogasterborsten stehen auf
Insertionshoeckern
, die besonders auf den hinteren beiden Notogasterabschnitten
staerker
entwickelt sind.
Systematische Stellung:
Liochthonius evansi
nimmt innerhalb der
horridus-Gruppe
durch mehrere abweichende Merkmale eine Sonderstellung ein, und es ist durchaus zweifelhaft, ob hier engere verwandtschaftliche Beziehungen bestehen oder Konvergenzen im Vordergrund stehen.
Ausser
den stark verbreiterten, aber kompakten Dorsalborsten besitzt
Liochthonius evansi
sowohl in der Form der Sensilluskeule als auch der Stellung der
Prodorsumborsten
und der Lage der interbothridialen Maculae wesentlich
staerker
abweichende als verbindende Merkmale.
Von den
uebrigen
3 Arten der Gruppe ist
L. evansi
durch die weite Stellung der Interlamellarhaare, durch die distal eingekerbte, zweispitzige Sensilluskeule und die fast glattrandigen kompakten Dorsalborsten gut zu unterscheiden.
L. evansi
ist weit verbreitet und
regelmaessig
an bewaldeten Standorten mit reicher organischer Auflage und der Tendenz zur Rohhumusbildung anzutreffen.