Polypodium interjectum SHIVAS

Stöhr, O., Pilsl, P., Essl, F., Wittmann, H. & Hohla, M., 2009, Beiträge zur Flora von Österreich, III, Linzer biologische Beiträge 41 (2), pp. 1677-1755 : 1727-1728

publication ID

https://doi.org/ 10.5281/zenodo.5279728

persistent identifier

https://treatment.plazi.org/id/205CD470-FFC2-FFAB-D291-28341DDAFD37

treatment provided by

Carolina

scientific name

Polypodium interjectum SHIVAS
status

 

Polypodium interjectum SHIVAS View in CoL

Salzburg: Flachgau, Nussdorf am Haunsberg, W-Abfall des Haunsberges, St. Pankraz in Schlössl, thermophiler Mischwald, auf Eozänfelsen, ca. 500 m, 8043/4, 20.03.200 8 & 26.10.200 8, leg./det. OS, Herbarium OS/LI.

Neu für Salzburg. Angeregt durch mündliche Hinweise von A. ESCHELMÜLLER (Sulzberg), G. NOWOTNY (Grödig) und P. STURM (Laufen), die von grenznahen Vorkommen dieses bestimmungskritischen und offenbar oft verkannten Tüpfelfarnes berichteten, wurden vom Erstautor in der letzten Zeit einige potenzielle Wuchsorte im Bundesland Salzburg aufgesucht. Vor allem auf den Inselbergen im Salzburger Becken zwischen Golling und Bergheim wurden entsprechende Vorkommen vermutet, jedoch konnten trotz gezielter Suche keine positiven Erfolge verbucht werden. Überraschenderweise wurde jedoch bei einem zufälligen Besuch des Eozän-(Helveticum)- Gebietes rund um die bekannte Fossilienfundstelle in St. Pankraz (Ortsteil Schlössl, Gem. Nussdorf am Haunsberg) grosse Bestände eines Tüpfelfarnes angetroffen, der sich nach eingehenden Untersuchungen tatsächlich als Polypodium interjectum erwies. Obwohl diese Polypodium -Vorkommen schon längere Zeit erfahrenen Regional- botanikern bekannt waren, so wurden jedoch bislang keine Belege angefertigt bzw. eine kritische Artüberpüfung durchgeführt, weshalb diese Pflanzen bis dato als Polypodium vulgare interpretiert wurden.

Die Bestände sind wie bereits erwähnt sehr ausgedehnt, truppweise ausgebildet (Abb. 11) und wachsen im Mischwaldbereich über flachgründigem Substrat fast direkt auf den steilen, beschatteten Eozänfelsen; die besiedelten Expositionen reichen dabei von Süd über West bis Nord. Was den Karbonatgehalt im Substrat angeht, so dürften – dem bekannt kleinsträumigen Wechsel von Karbonat und Silikat im Eozängestein entsprechend – sowohl nahezu karbonatfreie Quarzsandsteine, aber auch nummulitenreiche Schichten von Polypodium interjectum besiedelt werden. Die relativ arme Begleitflora lässt hierzu keine eindeutige Diagnose zu, auch wenn etwa Polystichum aculeatum, Asplenium trichomanes subsp. quadrivalens und v.a. Asplenium ruta-muraria eher basische Substratbedingungen anzeigen. In der Literatur werden die Substratansprüche von Polypodium interjectum kontrovers angeführt: Während FISCHER et al. (2008) eine deutliche Präferenz für Kalk und Dolomit anführen, schreiben DOSTÁL & REICHSTEIN (1984), dass die Art "oft auf Schiefern oder Urgestein, aber meistens nicht auf Kalk" vorkommt. JÄGER et al. (2005) geben an, was auch für die Vorkommen in St. Pankraz am besten zutrifft, nämlich dass die Art sowohl Kalk- als auch Silikatgesteine besiedeln kann.

Entsprechend dieser geringen Substratansprüche ist Polypodium interjectum in Europa weit verbreitet und wird als west-(zentral-)submediterran-atlantisches Element betrachtet. Das bekannte Areal reicht von England und Irland über Belgien, Holland bis Süd- Norwegen und von Portugal bis Rumänien, südlich bis Korsika und Silzilien; die östlichsten Fundpunkte liegen im westlichen Russland, der Krim-Halbinsel, in der West- Türkei sowie im Nord-Iran ( DOSTÁL & REICHSTEIN 1984, BUREŠ et al. 2003). In Österreich tritt die Art in allen Bundesländern ausser in Oberösterreich und in Tirol auf ( FISCHER et al. 2008), jedoch ist auch dort durchaus noch mit Nachweisen zu rechnen. Für Tirol werden bei DOSTÁL & REICHSTEIN (1984) zwei Fundorte (Amraser Schlosspark, Sellrainer Schlucht) angeführt, die aber bei POLATSCHEK (1997) fehlen. Das nächste, noch unpublizierte Vorkommen zum neuen Salzburger Fundort liegt in Bayern und zwar im Berchtesgadener Land im Schwarzbachtal am Westabfall des Lattengebirges (P. STURM & G. NOWOTNY, mündl. Mitt.) – in Luftlinie nur etwa 35 km entfernt. Die zuweilen relative Isoliertheit vieler Farnpopulationen erklärt sich durch die Möglichkeit der Fernausbreitung der leichten, oft zahlreich produzierten Farnsporen; auf regionaler Ebene wurde dieses Phänomen etwa jüngst bei Dryopteris remota ( STÖHR et al. 2007) erwähnt, kann aber auch auf die oft isolierten Vorkommen von Asplenium trichomanes subsp. pachyrachis (s.o.) angewendet werden.

Da es sich bei Polypodium interjectum wie eingangs erwähnt um eine bestimmungsproblematische Art handelt, die Polypodium vulgare , aber auch Polypodium cambricum morphologisch nahe steht, werden in der Fachliteratur immer wieder die diagnostischen Merkmale kritisch beleuchtet. Entsprechende Studien hierzu liegen etwa von LENSKI (1964), JESSEN (1982), LEONHARDS et al. (1993), JÄGER et al. (1994), NEUROTH (1996) und ZENNER (1972 & 1999) vor; umfassende Literaturangaben hierzu finden sich auch in der Arbeit von BUREŠ et al. (2003). Ohne aufwendige zytologische Untersuchungen durchführen zu müssen, die absolute Bestimmungssicherheit gewährleisten ( Polypodium interjectum ist hexaploid mit 2n = 222, Polypodium vulgare tetraploid mit 2n = 148 und Polypodium cambricum diploid mit 2n = 74), lässt sich zur Bestimmung auch ein Bündel phänetischer Merkmale heranziehen, wobei die Determination aufgrund nur eines einzigen Merkmales von uns und auch anderer Autoren (z.B. JÄGER et al. 1994) als kritisch angesehen wird. Nachfolgende Merkmale sprechen beim vorliegenden Material aus Salzburg klar für Polypodium interjectum: Wedel relativ gross, bis 60 cm samt Stiel; Fiedern spitz zulaufend und gezähnelt, Endfieder tw. verlängert; Knorpelverbindungen zwischen Rhachis und Fiederbuchten fehlend (Hauptmerkmal nach FISCHER et al. 2008); Rhizomschuppen am Grund sehr breit und 5–6 mm lang (zudem mit langer Spitze); Nervenbündel im Blattstiel erst oberhalb der Blattstielmitte sich vereinigend (Merkmal nach DOSTÁL & REICHSTEIN 1984); Anuluszellen der Sporangien 6–10, verdickt und ± blassbraun; Basalzellen der Sporangien 2–3; Sporen goldgelb und intakt. Allein die Gabelung der Nerven (meist zweimal, nur selten dreimal) trifft nicht ausreichend auf Polypodium interjectum zu, jedoch wird dieses noch bei FISCHER et al. (2008) aufscheinenden Merkmal in den jüngeren der oben genannten Arbeiten sowie in der aktuellen Auflage des "Rothmaler" (JÄGER et al. 2005) gar nicht mehr angeführt, weshalb es keinen Wert haben dürfte.

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