Taraxacum Zinn

Hess, Hans Ernst, Landolt, Elias & Hirzel, Rosmarie, 1976, Flora der Schweiz und angrenzender Gebiete. Band 3. Plumbaginaceae bis Compositae (2 nd edition): Unterfamilie _ liguliflorae, Birkhaeuser Verlag : 590

publication ID

https://doi.org/ 10.5281/zenodo.292249

persistent identifier

https://treatment.plazi.org/id/FCCD46A2-A313-78FA-8146-0C5F62DA1BCB

treatment provided by

Donat

scientific name

Taraxacum Zinn
status

 

Taraxacum Zinn

Pfaffenröhrlein, Kuhblume, Löwenzahn

Ausdauernd, mit Pfahlwurzel. Stengel 1 köpfig, hohl, dünnwandig und leicht zusammendrückbar, ohne Blätter und Schuppen, kahl oder weißflockig behaart ( dünne, krause, ineinander verflochtene Haare, die leicht abwischbar sind). Alle Blätter am Grunde in einer Rosette, lanzettlich, ganzrandig, gezähnt oder meist fiederteilig ( Frühlingsblätter weniger tief geteilt als die späteren), in den geflügelten Stiel verschmälert, kahl oder weißflockig. Köpfe vielblütig. Hülle zylindrisch, kahl oder weißflockig, aus 2 Reihen von Hüllblättern bestehend, die zur Fruchtzeit nach unten gebogen sind. Äußere Hüllblätter ¼ -⅔ so lang wie die innern. Boden des Blütenkopfes kahl und ohne Spreublätter. Blüten gelb, die äußern außen oft purpurn; Kronröhre kahl. Früchte zylindrisch, mit etwa 10 Rippen, oben mit gleichfarbener Spitze, die sich in einen dünnen, hellen Schnabel verschmälert, im obern Teil (unter der Spitze) mit kleinen, spitzen Schuppen (nur bei T. Pacheri ohne deutliche Schuppen). Pappus bei allen Arten des Gebiets ± weiß, aus rauhen Borsten bestehend.

Die Gattung Taraxacum , die fast nur in der nördlichen Hemisphäre verbreitet ist und ihr Zentrum im westlichen Zentralasien besitzt, besteht im Gebiet nur aus einer Artengruppe ( T. officinale s.l.), die aber äußerst vielgestaltig ist und deren systematische Untereinheiten sehr verschieden beurteilt werden. Über die Gattung Taraxacum besteht eine Monographie von Handel-Mazzetti (1907) mit morphologischen und pflanzengeographischen Angaben von etwa 60 Arten. Für das Gebiet der Schweiz hat v. Soest (1969) die Gattung monographisch bearbeitet und 235 Arten morphologisch charakterisiert und mit genauen Verbreitungsangaben versehen ( frühere Sippenbeschreibungen aus der Schweiz von Dahlstedt 1933, Haglund 1950, v. Soest 1959 1965; Beschreibung neuer Sippen aus dem Ötztal von Richards 1972). Bereits 1903 wurde in der Gattung von Raunkiaer durch Kastrationsversuche und später durch zytologische Untersuchungen zahlreicher weiterer Autoren Apomixis festgestellt.

Nun haben verschiedene Untersuchungen in neuerer Zeit (z. B. Fürnkranz 1960, 1961, 1965a 1966, Valentine und Richards 1967, Richards 1970 1970a, dort auch weitere Literaturangaben) gezeigt, daß durchaus nicht alle Taraxacum pflanzen apomiktisch sind. Diploide Sippen (2n = 16) sind normal sexuell und können untereinander und als ♀ Eltern auch mit polyploiden Sippen bastardieren, wobei diploide oder polyploide ( häufig triploide) Nachkommen entstehen. Apomiktische Sippen sind immer polyploid und aus einer Kreuzung hervorgegangen. Fürnkranz (1960, 1961) fand in der Gegend von Wien diploide Sippen vorwiegend an vom Menschen wenig beeinflußten Standorten. Valentine und Richards (1967) zählten in Großbritannien nur an Pflanzen von 2 Stellen (von insgesamt 132 Stellen) die diploide Chromosomenzahl. Richards (1970a) nimmt an, daß etwa 90% aller Taraxaca pflanzen obligat apomiktisch sind. Er fand unter sexuellen diploiden Pflanzen auch triploide Pflanzen, die sich in einem untersuchten Fall als fakultativ apomiktisch erwiesen (Richards 1970). Auch die von Fürnkranz (1966) untersuchten Populationen aus Niederösterreich zeigten ein Gemisch von diploiden und polyploiden Pflanzen. Sörensen (1958) beobachtete, daß bei triploiden Apomikten sexuelle Aberranten auftreten können. Malecka (1963) untersuchte die Chromosomenmorphologie und wies nach, daß bei polyploiden Pflanzen von T. officinale und T. alpinum Chromosomensaetze mit morphologisch verschiedenen Chromosomen vorkommen, daß diese beiden Arten also aus Kreuzungen hervorgegangen sein müssen, während die Chromosomensätze polyploider Pflanzen innerhalb von T. levigatum und T. palustre morphologisch identisch aussehen. Weitere Untersuchungen über Chromosomenmorphologie triploider Sippen von Malecka (1969). Er weist in dieser Arbeit auch an einzelnen Sippen von T. levigatum Bastardnatur nach. Richards (1972a) führte an 18 Sippen aus den Alpen und Karpaten karyologische Analysen durch. Jede Sippe hatte ein verschiedenes Karyogramm, sogar wenn sie morphologisch von einer andern Sippe nicht zu unterscheiden war. Es wurden bis zu 3 B-Chromosomen gezählt.

Es ist anzunehmen, daß wenigstens in Mittel - und Südeuropa alle Arten aus diploiden sexuellen und polyploiden sexuellen oder teilweise bis ganz apomik tischen Sippen bestehen und miteinander durch eine unübersichtliche Reihe von fixierten oder aufspaltenden Bastarden verbunden sind. Besonders an vom Menschen stark beeinflußten Standorten herrschen vor allem polyploide (meist triploide), mindestens teilweise apomiktische Sippen vor, die unter den dort vorliegenden Bedingungen (z. B. Mahd, Düngung usw.) konkurrenzkräftiger sind (vgl. Kappert 1954). Auch die Totalapomikten sind nicht zu 100% konstant (Neukombination vorhandener Gene). Bei dieser Vielfalt von bei weitem nicht immer fixierten Formen ist eine einigermaßen sinnvolle und brauchbare Gliederung sehr schwierig, besonders, wenn sie sich nicht auf experimentelle Untersuchungen stützen kann. Es werden deshalb, ähnlich wie bei der Gattung Hieracium , einzelne Hauptarten unterschieden, die nach ihrer Ökologie und Verbreitung eine größere Selbständigkeit aufweisen. Die Hauptarten entsprechen oft den typischen Arten einer Sektion im Sinne von v. Soest (1969). Die zahlreichen übrigen Arten, die v. Soest (1969) unterscheidet, sind wahrscheinlich aus mehr oder weniger rezenten Bastardierungen hervorgegangen, die jederzeit am Kontaktort von 2 Hauptarten wieder neu entstehen können. So können Sippen mit gleichen morphologischen Merkmalen an verschiedenen Orten unabhängig voneinander entstehen. Das schließt nicht aus, daß regional oder lokal morphologisch und ökologisch gut charakterisierte Sippen auftreten können, die in ihrem Verhalten einer Art entsprechen. Für eine genaue Bestimmung solcher Arten muß indessen auf die Arbeit von v. Soest (1969) verwiesen werden.

Von den aufgeführten Arten wurde bei folgenden nach v. Soest (1969) kein Pollen gefunden: T. Schroeterianum (Nr. 5) und T. dissectum (Nr. 9).

Bei den andern Arten ist wenigstens teilweise Pollen vorhanden. Daß gerade 2 relativ isolierte, morphologisch gut charakterisierte und weit verbreitete Gebirgspflanzen sich nur asexuell fortpflanzen sollen, ist erstaunlich. Eine nähere Untersuchung dieser Arten ist deshalb wünschenswert.

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