Raphidia mediterranea (H. ASPOCK, U. ASPOCK & RAUSCH, 1991)

Rausch, Hubert, Aspöck, Horst & Aspöck, Ulrike, 2016, Rätselhaftes Massenauftreten einer mediterranen Kamelhalsfliege im Mühlviertel, Oberösterreich (Insecta: Neuropterida: Raphidioptera: Raphidiidae), Linzer biologische Beiträge 48 (1), pp. 523-534 : 530-531

publication ID

https://doi.org/ 10.5281/zenodo.5417004

persistent identifier

https://treatment.plazi.org/id/03AF87D1-FF9B-FFC5-8F44-57B5E5E167F8

treatment provided by

Marcus

scientific name

Raphidia mediterranea
status

 

Wie kam Raphidia mediterranea View in CoL nach Pelmberg?

Das war die erste Frage, die uns beschäftigte, als das Vorkommen der Art im Juni 2013 entdeckt wurde, und besonders, als wir im darauffolgenden Jahr bestätigen konnten, dass es sich um eine etablierte Population handelt.

Die natürliche Ausbreitung von Neuropterida erfolgt entweder aktiv per continuitatem (1) oder passiv durch Wind (2) oder Wasser (3). Dazu kommen noch anthropogen bedingte passive Ausbreitungen durch Verschleppungen mit Fahrzeugen (4), mit Pflanzen (5) oder mit irgendwelchen anderen Gütern (6) (H. ASPÖCK & U. ASPÖCK 2015).

Die Möglichkeiten (1), (2) und (3) scheiden aus, weil das Vorkommen von R. mediterranea in Pelmberg vollkommen isoliert ist. Zwangsläufig führt dies zu dem Schluss, dass die Art durch menschliche Aktivität eingeschleppt worden sein muss. Aber wie und wann?

Es ist schwer vorstellbar, dass ein oder auch mehrere ♀♀ in einem Auto von Griechenland nach Pelmberg gelangen, dort das Fahrzeug verlassen, Eier legen und eine Population begründen. Ausschliessen kann man das allerdings nicht. Viel eher ist daran zu denken, dass die Raphidien – vielleicht auch nicht Imagines, sonder Larven – in grosser Zahl mit irgendwelchen Materialien nach Pelmberg eingeschleppt worden sind und sich erfolgreich etabliert haben. Solche Überlegungen führen sogleich zu der Frage, wo sich die Raphidien entwickeln.

Es ist uns bisher nicht gelungen, frisch geschlüpfte Raphidien zu beobachten, daher können wir derzeit nur spekulieren. (Mindestens zweimal haben wir frisch geschlüpfte Weibchen an der Hausmauer gesehen). Keinesfalls können die Larven subkortikol sein – es gibt keine Bäume in dem Hof des Gebäudes. Auch terrikole Lebensweise im Wurzeldetritus von Sträuchern fällt weg. Keiner der drei Sträucher bietet auch nur annähernd genügend Raum für die Entwicklung einer grösseren Population.

Eine weitere Möglichkeit ergibt sich durch die vielen Ritzen und Spalten in der aus einzelnen grossen und kleinen Natursteinen zusammengesetzten Mauer vor einer der langen Wände im Hof.

Schliesslich gibt es – wie vorhin schon angedeutet – aber noch eine Möglichkeit, und die halten wir für die wahrscheinlichste: Das Dach ist seit jeher strohgedeckt und muss alljährlich partiell erneuert werden. Dabei wird (an einem trockenen Tag) ein schon schadhafter Teil entfernt und durch ein neues Stroh ersetzt.

Dieses Stroh kommt – wie uns versichert wurde – aus Oberösterreich. Es könnte aber durchaus vor vielen Jahren von anderswo, z.B. von der Balkan-Halbinsel, gekommen sein, und es ist vorstellbar, dass damals mit dem Stroh Larven von Raphidia mediterranea in grosser Zahl nach Pelmberg verfrachtet wurden, durch die eine Populationen etabliert wurde.

Wir hatten im August 2015 Gelegenheit, eine kleine Probe von Stroh, das vom Dach entfernt worden war, zu untersuchen. Wir fanden keine Larven, was nichts besagt, weil die Probe nicht repräsentativ war. Immerhin wurde ein Besatz mit Psocopteren festgestellt, die eine ideale Nahrung für Raphidia -Larven darstellen.

Vielleicht lässt sich das Rätsel des Massenauftretens von Raphidia mediterranea um das Freichlichtmuseum von Pelmberg lösen. Dies wäre Anlass, strohgedeckte Häuser – in welchen Teilen Europas immer auch – auf das Vorkommen von Raphidiopteren zu untersuchen.

Wenn sich die Larven – wie zu erwarten – tatsächlich in dem Strohdach entwickeln, stellen sie einen sehr wirksamen Schutz gegen Schadinsekten dar. Aber auch, wenn sie sich in Stein- oder Mauerritzen entwickeln, sind sie als Prädatoren von Insekten bedeutsam und verdienen allen Schutz. In diesem Zusammenhang ist es wichtig festzuhalten, dass die drei Sträucher im Hof des Gartens eine wichtige Rolle für die Raphidien- Population spielen, weil sie diesen durch den Blattlaus-Besatz genügend Nahrung bieten. Würde man die Sträucher entfernen, wäre das vermutlich das Ende der Raphidien- Population von Pelmberg. Das soll nicht geschehen! Die Raphidien von Pelmberg sind ein Juwel der Insektenfauna Oberösterreichs und darüber hinaus Österreichs!

Kingdom

Animalia

Phylum

Arthropoda

Class

Insecta

Order

Raphidioptera

Family

Raphidiidae

Genus

Raphidia

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